top of page

Ein starker Rücken alleine reicht nicht!

Aktualisiert: 18. Juni


Neurozentriertes Training bei Rückenschmerzen. Neuroathletik Rückenschmerzen


Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden in unserer modernen Gesellschaft und führen oft zu Einschränkungen im täglichen Leben. Traditionell suchen wir den Ursprung von Schmerzen oft in strukturellen Problemen wie Bandscheibenvorfällen oder degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule. Oder wir schieben die Beschwerden auf Muskelverspannungen. Dabei denken viele, dass es am besten hilft, den Rücken zu kräftigen. Lass uns eine Blick hinter die Kulissen wagen, um eine umfassendere und effektivere Behandlung zu ermöglichen. Vorweg - du wirst nicht an Training vorbeikommen, wenn es um Rückenschmerzen geht.


Das Nervensystem: Die Steuerzentrale jeder Bewegung

Unser Nervensystem, bestehend aus Gehirn, Rückenmark und einem Netzwerk von Nerven, spielt eine zentrale Rolle in der Steuerung und Koordination der Rückenbewegungen. Es sendet Signale, die die Muskulatur ansteuern, die Wirbelsäule stabilisieren und Bewegungen ermöglichen. Diese Signale werden durch ein komplexes Zusammenspiel von sensorischen Informationen und motorischen Befehlen reguliert.


Spannungsregulation und Anpassungsfähigkeit

Die Fähigkeit unseres Nervensystems, die Spannung in den Rückenmuskeln zu regulieren, ist entscheidend für eine schmerzfreie und effiziente Bewegung. Diese Spannungsregulation ist ein dynamischer Prozess, der von vielen Faktoren beeinflusst wird, einschließlich unserer bisherigen Bewegungs- und Schmerzerfahrungen. Eine optimale Spannungsregulation ermöglicht es uns, Bewegungen mit minimalem Energieaufwand und maximaler Präzision auszuführen.


Hier liegt der Schlüssel: Anpassungsfähigkeit. Unser Nervensystem passt sich durch Erfahrungen an. Jede Bewegung und jede Trainingseinheit liefert wertvolle Informationen, die unser Nervensystem nutzt, um seine Steuerungsmechanismen zu verbessern. Diesen Prozess nennt man neuronale Plastizität. Bewegen wir uns einseitig und unregelmäßig verlernt das Nervensystem, die Rückenmuskeln effektiv anzusteuern.


Wie neuronale Netzwerke lernen

Neuronale Netzwerke, die unser Nervensystem bilden, arbeiten durch die Sammlung und Interpretation von sensorischen Informationen. Sensoren in unserem Körper – darunter Rezeptoren in der Haut, Muskeln und Gelenken – erfassen kontinuierlich Daten über unsere Umgebung und unseren Zustand. Diese Informationen werden an das Gehirn und Rückenmark weitergeleitet, wo sie verarbeitet und analysiert werden.


Lernen durch Erfahrung

Durch wiederholte Bewegungen lernt unser Nervensystem, Muster zu erkennen und Vorhersagen für zukünftige Situationen zu treffen. Diese Fähigkeit zur Prognose ermöglicht es uns, schnell und effizient auf Veränderungen zu reagieren, indem es die Muskelspannung und Bewegungsmuster anpasst. Jedes Mal, wenn wir uns bewegen oder trainieren, sammeln und speichern unsere neuronalen Netzwerke neue Daten. Diese Daten werden genutzt, um die motorischen Programme zu verfeinern und zu optimieren, was zu besseren und effizienteren Bewegungen führt. Unsere Wirbelsäule besteht aus sieben Halswirbeln, zwölf Brustwirbeln und fünf Lendenwirbeln. Wie viel Bewegung findet hier bei dir tatsächlich statt? Findet Bewegung in allen drei Ebenen statt? Gibt es Seitenunterschiede? Hast du schon gelernt all diese Abschnitte anzusteuern und zu differenzieren? Wenn nicht, bekommt dein Nervensystem auch kaum Informationen aus diesen Bereichen. Ohne genaue Informationen und Erfahrungswerte ist eine effektive Spannungsregulation kaum möglich.



Der häufige Trugschluss: Die Schuld der Struktur

Bei Rückenschmerzen wird häufig angenommen, dass strukturelle Probleme wie Bandscheibenvorfälle oder degenerative Veränderungen der Wirbelsäule die Hauptursache sind. Doch Studien zeigen, dass viele Menschen mit solchen strukturellen Veränderungen keine Schmerzen haben. Das bedeutet, dass nicht die Struktur selbst, sondern die Art und Weise, wie unser Nervensystem diese interpretiert und darauf reagiert, ausschlaggebend ist.


Schmerz als Interpretation

Schmerz ist nicht einfach eine direkte Folge von Schäden oder strukturellen Problemen. Vielmehr ist er das Ergebnis der Interpretation sensorischer Informationen durch unser Nervensystem, basierend auf unseren bisherigen Erfahrungen. Dies bedeutet, dass Schmerzen auch dann auftreten können, wenn keine offensichtlichen strukturellen Schäden vorliegen.


Die Bedeutung von Training und Übung

Um die Funktion aller beteiligten Systeme zu optimieren, ist regelmäßiges und gezieltes Training unerlässlich. Jede Bewegung, die wir bewusst und präzise ausführen, stärkt die neuronalen Netzwerke, die diese Bewegung steuern, und fördert die Anpassungsfähigkeit und Effizienz unseres gesamten Bewegungsapparates.


Praktische Tipps für ein effektives Rückentraining


  • Bewusstsein und Sensorische Vorbereitung: Führe Bewegungen bewusst und kontrolliert aus. Achte auf die Qualität der Ausführung und nicht nur auf die Quantität. Sensorische Vorbereitungen helfen, die Körperwahrnehmung zu verbessern. Hier muss individuell getestet werden, welche Systeme am meisten profitieren. Die Augen und das Gleichgewichtssystem sollten bei der Testung auf keinen Fall fehlen.


  • Vielfalt und Variation: Integriere nach und nach eine breite Palette von Bewegungen der Wirbelsäule in dein Training. Je nach Trainingserfahrung können verschiedene Übungen und Variationen ausgewählt werden. Variiere die Übungen regelmäßig, um das Nervensystem und die beteiligten Muskeln neuen Bewegungserfahrungen auszusetzen, die zu einer besseren Anpassungsfähigkeit in der Zukunft führen.


  • Progressive Belastung: Erhöhe die Intensität und Komplexität der Übungen schrittweise, um das Nervensystem und die Muskeln kontinuierlich zu fordern und anzupassen. Beginne mit einfachen Übungen und steigere langsam die Schwierigkeit. Durch die stufenweise Steigerung der Belastung geben wir unserem Nervensystem die Möglichkeit, sich anzupassen und neue Bewegungsmuster zu erlernen.


  • Regelmäßigkeit: Kontinuität ist der Schlüssel. Regelmäßiges Training ist notwendig, um langfristige Anpassungen und Verbesserungen in der Funktion aller beteiligten Systeme zu erreichen. Nur durch konsequentes Training können wir die neuronalen Netzwerke stärken und optimieren, was letztendlich zu einer verbesserten Bewegungsqualität und einem schmerzfreien Rücken führt. Integrationsübungen in den täglichen oder wöchentlichen Trainingsplan sind entscheidend, um langfristige Fortschritte zu erzielen.


Fazit

Eine effiziente und anpassungsfähige Spannungsregulation ist der Schlüssel zu schmerzfreien und präzisen Bewegungen. Anstatt ausschließlich strukturelle Probleme zu suchen, sollten wir den Fokus auf die Funktion legen. Durch gezieltes Training können wir die Anpassungsfähigkeit und Effizienz unseres Nervensystems und des gesamten Bewegungsapparates fördern, was letztendlich zu einer besseren Bewegungsqualität und einem schmerzfreien Rücken führt.

Ein starker Rücken alleine reicht nicht – investiere in die Funktion deines Rückens, und unser Nervensystem sowie alle daran beteiligten Systeme werden es dir danken!


Mach's nicht irgendwie. Mach's smart!


Daniel Sturm


Train smart. Reach goals.

Physiotherapeut / Heilpraktiker / Neuroathletik-Trainer

91 Ansichten

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page